„Die Haftung des Tierhalters tritt nicht schon dann ein, wenn nicht jede Möglichkeit einer Beschädigung durch das Tier ausgeschlossen ist, sondern erst, wenn die nach den Umständen gebotenen Vorkehrungen unterlassen wurden.“ (vgl. OGH 2 Ob 411/52)
Für uns Hundehalter, bedeutet diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, dass wir nicht für jedes Verhalten unseres Hundes, mag es auch einen Schaden verursachen, verantwortlich sind.
Zum Beispiel:
Wenn sich ein Hund auf dem hauseigenen Grundstück befindet, ob angekettet oder freilaufend, ohne Maulkorb und er sich bisher gutmütig verhielt und nie verhaltensauffällig zeigte, ist der Hundehalter nicht verpflichtet seinen Hund ständig zu beobachten.
Sollte eine Person das Grundstück betreten, sei es nun der Postbote, ein Bekannter oder ein Fremder und wird dieser in weiterer Folge vom Hund gebissen, ist der Hundehalter dem Verletzten nicht generell zum Ersatz seines erlittenen Schaden verpflichtet.
“Volle Bewegungsfreiheit”
Dass einem Hund im Haus bzw. auf dem dazugehörigen Grundstück volle Bewegungsfreiheit gewährt wird, stellt keine Vernachlässigung der erforderlichen Verwahrungs- und Beaufsichtigungspflicht eines sorgsamen Hundehalters dar. Ein gutmütiger und harmloser Hund bedarf eben keiner besonderen Verwahrung und Beaufsichtigung und es besteht kein Anlass besondere Maßnahmen, wie z.B. das Tragen eines Maulkorbes, zur Vermeidung von Beschädigungen präventiv zu ergreifen.
Bei der Beurteilung der Frage, welche Vorkehrungen ein sorgsamer Hundehalter treffen muss, sind die allgemeinen Gepflogenheiten der Hundehaltung zu berücksichtigen. So ist es üblich, dass ein nicht bösartiger, verhaltensunauffälliger Hund, ob bei Tag oder Nacht, in Haus oder Hof, frei und ohne Maulkorb herumläuft.
Vorbeugende Maßnahmen
Zeigt jedoch der Hund einen erhöhten Verteidigungsinstinkt von Haus und Hof, ist der Hundehalter verpflichtet Besucher durch vorbeugende Maßnahmen, z.B. dauernde Beobachtung, wegsperren oder anketten des Hundes bzw. das Tragen eines Maulkorbes, vor vorhersehbaren Attacken des Hundes zu schützen. Sollte der Hundehalter dieser Verpflichtung nicht nachkommen, wäre er im Falle eines Hundebisses dem Verletzten zum Schadenersatz verpflichtet.
Es ist sohin von zentraler Bedeutung seinen Hund zu kennen und durch intensive Beschäftigung in den verschiedensten Situationen einschätzen zu lernen, um Gefahrensituationen für Hund und Mensch zu vermeiden.
Sollte dennoch ein Schadensfall passieren, ist unbedingt anzuraten, einen auf diese Thematik spezialisierten Rechtsanwalt, umgehend zu Rate zu ziehen.
Wir bedanken uns für diesen juristischen Fachbeitrag, den unser Vereinsanwalt Mag. Gerold Loinger freundlicherweise für uns verfasst hat.
Mag. Gerold Loinger
Rechtsanwalt
Experte für: Tierrechtsfragen, Erbrecht und Vertragsrecht, Strafprozesse, Zivilprozesse.
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