Die Kastration des Hundes ist ein viel diskutiertes Thema. Die renommierte Hundetrainerin und -Expertin Michaela Marschall wird häufig nach ihrer diesbezüglichen Meinung gefragt – hier ist ihre Antwort.
Besonders bei Verhaltensauffälligkeiten des Vierbeiners suchen Hundehalter bei Michaela Marschall häufig Rat. “Ich gehöre sicher nicht zu den Trainerinnen die Kastration als Allheilmittel für jegliches unerwünschte Verhalten empfehlen”, erklärt sie dann. Es gäbe Gründe für und wider einen Eingriff.
Bequemlichkeit ist kein guter Grund
“Man muss das Thema Kastration, wie so vieles andere auch, aus verschiedenen Perspektiven betrachten”, so Marschall, “ist der Grund, es sich einfach bequem machen zu wollen, schließlich ist es nicht immer lustig mit einer hitzigen Hündin unterwegs zu sein oder einen ‘geilen’ Jungrüden an der Leine zu haben – gerade jetzt im Frühjahr, wo alle Hündinnen rundum läufig sind – dann ist es wohl grundsätzlich bedenklich. Wenn man sich ein Lebewesen anschafft sollte man auch bereit sein, seine Natur zu akzeptieren.” Neben der offensichtlichen körperlichen Veränderung, gehen bei einer Kastration auch andere Entwicklungen einher, erklärt Marschall, “ein guter und verantwortungsvoller Tierarzt wird entsprechend darüber informieren.”
Überzüchtung kann eine Kastration notwendig machen
Es gäbe jedoch noch einen ganz anderen Aspekt, den sie häufig und besonders an überzüchteten Rassehunden beobachte: “Diese zeigen häufig vom Grundverhalten her ein über die Maßen überreiztes Verhalten und sind nicht imstande, sich je zu konzentrieren oder ihre Impulse zu kontrollieren. Es ist oft wirklich erbarmenswert, sie in deren Gesamtverhalten anzuschauen. Das sind Hunde die sich selbst nicht spüren können und diese Unfähigkeit natürlich auf viele Situationen reflektieren.”
Dieses Verhalten trete mittlerweile auch vermehrt bei Rassen auf, die aufgrund ihrer ursprünglichen Zuchtbestimmung eigentlich einen sicheren Fokus auf eine Sache zeigen können sollten. “Man denke nur an die so genannte ‘Steadiness’ des Labradors”, führt Marschall an, “nur allzu viele sind dazu keineswegs mehr imstande, sie schaffen es nicht einmal sich eine Sekunde ruhig zu setzen. Dies ist nur ein Beispiel der Auswirkungen von jahrzehntelanger Zucht von Rassehunden, die komplett vom Weg abgekommen ist.” Im Falle eines solchen Verhaltens sei eine Kastration anzuraten, “um dem Hund stressbedingte, körperliche Folgeerscheinungen zu ersparen, denn wer nie zur Ruhe kommen kann, wird langfristig krank, das ist unbestritten.”
Das richtige Alter für eine Kastration?
Eine Frage, die Marschall oft gestellt werde, ist jene nach dem richtigen Alter für eine Kastration. “Keinesfalls zu früh! Jeder Hund sollte sich komplett fertig entwickeln können, nicht nur körperlich, sondern auch mental. Wir wissen, dass es da große Unterschiede gibt: Ist der eine schon richtig erwachsen, schlägt beim anderen mit einem Jahr mal gerade voll die Pubertät durch, also auch hier gilt es, individuell zu entscheiden.”
Ein komplexes Thema
Das Thema sei kein einfaches. In der Praxis versuche Marschall stets, den Hund als Ganzes zu betrachten und dabei auch seine Lebensumstände zu berücksichtigen. “Ein Stadthund ist mit völlig anderen Reizen konfrontiert als ein Landhund, ein vom Temperament ausgeglichener Hund reagiert auf die selben Situationen ganz anders als ein ‘aufgedrehter’ Typ und so weiter.” Hier liege es vor allem auch am Hundetrainer, konstruktiv und vor allem verantwortungsvoll zu beraten und vor allem eins nicht zu tun: Kastration als „Universallösung“ für alle Probleme zu empfehlen.
Hundetrainerin mit Herzblut
Michaela Marschalls “Project Canis”, das sie gemeinsam mit zwei Kollegen leitet, ist eine ganz besondere Hundeschule. Das breite Spektrum an Trainingsmöglichkeiten soll hier vor allem dazu dienen, die glückliche Mensch-Hund-Beziehung zu fördern und zu festigen. Die Hundetrainings in Wien und Niederösterreich sind dank des Know-Hows des dreiköpfigen Teams eine effektive Unterstützung in der Hundeerziehung. “Trotz ihrer einzigartigen Anpassungsfähigkeit haben auch Hunde eigene Bedürfnisse”, erläutert Marschall. Das Project Canis Hundetraining unterstützt den Menschen, diese zu erkennen und seinem Hund dadurch ein artgerechtes, gesundes und zufriedenes Leben bieten zu können.
Weitere Infos: www.project-canis.at
Die TIERFREUNDE ÖSTERREICH sind Österreichs Club für Haustierbesitzer. Fundierte Information und Beratung zu haustierspezifischen Themen sind Kernaufgaben der gemeinnützigen Organisation, die sich mit einem umfassenden Servicepaket sowie Initiativen um die Anliegen von Haustierbesitzern kümmert.